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10) Im Jahr der Finsternis I

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Beitrag  Admin So Nov 01, 2009 1:05 pm

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Leseprobe

Eine halbe Stunde später: Es kostet Michael ungeheuerlich viel Kraft, so völlig ungeschützt ins Gerichtsgebäude zu gehen - immerhin sprechen wir hier von einem Mann, der sich sein Leben lang aus Angst hinter Hut, Mundschutz und verspiegelten Sonnenbrillen versteckt hat. Doch jetzt, wo ihm am allermeisten nach verstecken ist, darf er es nicht.
Schlimm wäre die Prozedur ja schon, wenn es nur das wäre, schlimmer macht die ganze Sache noch die Tatsache, dass Michael noch nicht einmal weiß, was ihm nun im Endeffekt vorgeworfen wird. Sowohl er als auch sein Anwalt werden die Anklageschrift live hören. Auch ein Schachzug, der vermutlich von den Klägern nur zu einem Zweck so durchgesetzt worden war, nämlich um Michael Jackson weiter in die Knie zu zwingen, ihm klar zu machen, dass das, was hier geschieht, außerhalb seiner Macht liegt.
Durchgesickert ist nur eine Sache - Sneddon scheint sich noch einen weiteren Anklagepunkt ausgedacht zu haben, von dem bisher noch keine Rede war. Zwar wurde in Michaels Camp schon spekuliert, was das sein könnte, doch sicher weiß es niemand.
An den Gang ins Gebäude kann er sich hinterher kaum erinnern, auch nicht daran, dass Randy ihn die ganze Zeit über am Arm festgehalten hatte. Michael versucht nur, die Fans wahrzunehmen, die Leute, die ihn lieben und unterstützen und von denen er positive, stärkende Energien spürt, aber natürlich auch Traurigkeit, Frustration und Angst.
Diesmal ist Michael sogar zu früh. Auch über das Thema Pünktlichkeit hatte ihm Mesereau nochmals eine kräftige Standpauke gehalten, aber die hatte er ja auch schon von Geragos bekommen.

Augenzeugen, darunter viele Fans, Familie und Freunde und sogar Neverland-Angestellte, werden Zeugen eines vordergründig gelassenen Michael Jackson, der sogar zwanzig Minuten zu früh im Gerichtsaal erscheint.
Doch so gelassen, wie er nach außen auch wirken mag, innerlich sieht es da etwas anders aus. Irgendwann kommt sein Vater an Michael vorbei und haut ihm kameradschaftlich eine Hand auf die Schulter. Und für einen Moment wünscht sich etwas in Michael, wieder der kleine Junge von damals zu sein, der von seinem Vater für einen verpatzten Schritt Schläge bekommt, und nicht von der ganzen Welt für etwas, was er nicht getan hat. Damals wusste er wenigstens, worum es ging, und er konnte sich bessern, heute aber hat er das Gefühl, in einem wilden aufgewühlten Ozean zu schwimmen und nur noch unkoordiniert zu paddeln, um sich irgendwie an der Oberfläche zu halten, aber völlig unwissend, wieso es so stürmisch ist, ob sich der Wind legen würde oder eine Küste in Sicht ist oder ob es besser ist, einfach gleich das Paddeln sein zu lassen.
Der Blick, mit dem Joe Jackson sogleich von seinem Sohn bedacht wird, gibt sogar ihm zu denken. „Vater, hilf mir... So hilf mir doch!“
Und so ist es auch Joseph Jackson, dem etwa zwanzig Minuten später bei der Anklageverlesung die Kinnlade herunterklappt, als seinem Sohn als zusätzlicher Anklagepunkt Verschwörung zur Erpressung, Freiheitsentzug und geplanter Kindesentführung, vorgeworfen wird. Denn Joe Jackson kennt die Geschichte mit dieser Familie natürlich im Detail.
Michael auch. Er, der sich die Anklageverlesung stehend anhören muss, zeigt äußerlich relativ wenig Regung, was daran liegen kann, dass er sich mit aller Kraft darauf konzentriert, ruhig stehen zu bleiben und sich dabei nur unauffällig an der Tischkante abzustützen. Auf die Verschwörungsklage hin steigt in Michael, der sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Klaren darüber ist, was das genau bedeutet, ein ganzes Gefühlschaos auf. Zunächst spult sich in seinem Kopf eine ganze Bildergeschichte ab, denn er weiß genau, auf was hier abgezielt wird, welche seiner Taten - wie schon so oft zuvor in seinem Leben - um 180Grad herumgedreht werden, um sich dann gegen ihn zu wenden. Für Michael gäbe es gerade zwei adäquate Reaktionen: entweder er würde nach vorne springen und Sneddon eine Faust in den Magen rammen, denn die Wut, die er fühlt, ist nicht zu beschreiben. Ja, vielleicht ist es in diesem Moment gar Hass. Andererseits aber könnte er genauso losbrüllen vor lachen, vor lauter Lächerlichkeit der Situation und vor Verletzung. Hin und hergerissen zwischen beiden Extremen, in der Mitte des Orkans steht Michael Jackson nur still da und zeigt für Außenstehende keine wahrnehmbare Regung.
Wie abgesprochen fragt ihn Mesereau mit einem Blick anschließend, ob er sich nun selbst unschuldig bekennen will oder ob er es für ihn tun soll. Denn er hatte Michael schon vorgewarnt, dass er von dieser harschen Situation vielleicht doch überwältigt werden könnte. Sie hatten zwar auch neue Klagepunkte erwartet, nur nicht gewusst, um was genau es sich handelte. Und nun versteht Michael, was sein Anwalt damit meinte. Der Blick des Angeklagten sagt Mesereau eindeutig, dass er es nicht selbst tun kann. Also vertritt ihn sein Verteidiger in dieser Sache, und Michael stimmt der Unschuldsbekenntnis nur mit einem Nicken bei.


Wie so viele andere auch, beobachtet Thomas Sneddon seinen Angeklagten ebenfalls - mit stiller Genugtuung. Jackson hat Angst, er weiß es. Er zeigt es nur nicht. Sneddon wächst um bestimmt zehn Zentimeter, denn er weiß, der Tag, an dem Jacko das auch zugeben werden muss, wird kommen. Das ist nun vorprogrammiert. Etwas in Sneddon genießt diesen Gedanken und das Bild des heutigen Tages. Es ist der Anfang seines Triumphzuges.
Doch da wendet Michael Jackson ihm jäh den Kopf zu und sieht ihn direkt an. Dem DA rast ein kalter Schauder über den Rücken "Ich bin der Geist, der stets verneint", sagen diese stechenden schwarzen Augen. Nicht schuldig! Zum zweiten Mal, zum hundertsten: nicht schuldig!
Heute steht Jackson vor ihm elegant gekleidet in einen edlen schwarzen Anzug aus einem Stoff, von dem Sneddon selbst nur träumen kann, ein weißes Hemd und eine weinrote Seidenkrawatte. Die tiefschwarzen schulterlangen Haare brav frisiert. Man kann ihm in die Augen sehen, er versteckt sich nicht, macht sich nicht ungreifbar. Eine schmale Gestalt mit überdimensionalen Händen.
Doch in Jacksons klaren Augen sieht Sneddon einen ganzen Film ablaufen - er kann die Bilder direkt vor sich sehen. Viele Filme laufen hier und heute im Kino von Michaels Augen, und jeder kann auswählen, welchen er gern sehen mag. Der, den Sneddon sich erwählt, repräsentiert ihre lange gemeinsame Geschichte. Alles hatte Sneddon schon mit diesem Mann gemacht, er hat seine Fingerabdrücke, sein Sperma, seine Unterhosen, er hatte ihm befohlen sich auszuziehen und photographieren zu lassen. Und Jackson hatte es getan. Er hatte ihn gedemütigt, bis er weinend zusammengebrochen war und ihn um Gnade angefleht hatte, doch er hatte ihm keine Gnade gewährt. Statt dessen hatte er weitergemacht, mehr Bilder aufgenommen, ihn frierend, zitternd und schluchzend völlig bloßgestellt und vor einem ganzen Schwarm sensationsgieriger Menschen dort stehen lassen. Er hatte ihn mit Worten massakriert, mit Anschuldigungen, mit Taten. Er hatte ihn Tiefen unvorstellbarer Abgründe gestürzt. Und er hatte es mit sich machen lassen. Vielleicht macht gerade das den Reiz dieser Jagd aus, die Beute lässt es geschehen.
Doch in diesem Moment ist es vielleicht nur die brav anmutende Brille auf der berühmten zarten Nase, die die Intensität dieses Blickes abmildert und somit den DA davor bewahrt, hier und jetzt vernichtet zu werden:
„Ich werde der Alptraum deiner schwärzesten Nächte sein“, sprechen Michael Jacksons Augen. Und plötzlich ziehen Worte durch Sneddons Geist, die er kürzlich noch belächelt hatte - Worte aus einem von Jacksons neusten Songs, den er sich angehört hatte, als sie sogar in seinen Liedern nach Belegen ihrer Anklagen gesucht hatten:

Du fürchtest mich, denn du weißt, ich bin ein Biest,
Ich beobachte dich, wenn du schläft,
Wenn du im Bett bist, bin ich darunter.
Gefangen in Hallen, deren Wände mein Gesicht sind,
Ich bin der Boden, wenn du stürzt,
und wenn du schreist, dann wegen mir.
Der lebende Tod bin ich,
All dunkle Gedanken in deinem Kopf,
Weiß genau, was du sagst,
Und deswegen solltest du mich fürchten.

Das unbekannte Monster ist kurz davor zu erscheinen,
Aus einer weit entfernten Ecke, aus dem Dunkel,
Ein Albtraum, das ist Fall
Never Neverland ist der Wall,
Dieses bestimmte Monster kann Gedanken lesen,
An zwei Orten zur selben Zeit sein,
Es ist die Nacht des jüngsten Gerichtes, Vollstreckung, Gemetzel,
Der Teufel, Geister, dieses Monster bedeutet Qual.
Einer Sache kannst du dir sicher sein, und das ist das Schicksal,
Eine menschliche Präsenz, die du spürst, ist seltsam,
Ein Monster, dass du verschwinden sehen kannst,
Ein Monster, das Schlimmste zu fürchten.

Sneddon hatte laut gelacht, als er diesen Text hörte, denn er ließt sich so gut auf ihn selbst beziehen. Ja, er ist Jacksons Monster, derjenige, der noch unter seinem Bett lauert. Doch gerade sieht er als fielen ihm Schuppen von den Augen, dass er da einiges falsch verstanden hatte, dass es nämlich andersherum ist. Plötzlich weiß er, dass er derjenige ist, der hier getestet wird, und dass er bereits verloren hat. Der Teufel hatte wissen wollen, wie weit er gehen würde, und er war schon längst viel zu weit gegangen. Es scheint ein unwiderlegbares Schicksal zu sein, dass sich am Ende alles gegen ihn richten würde. Dass Michael Jackson aufstehen, sich umdrehen und zu seinem Albtraum werden würde. In diesen stechenden, ewige Liebe oder Tod bringenden Augen sieht Tom Sneddon sein eigenes Geschick, all die Qual und Schande, die ihm unausweichlich bevorsteht, eben weil er tut, was er tut. Sneddon weiß genau, dass er sein Amt oft genug ausgenutzt hatte, dass in seinen Händen Recht nicht immer Recht gewesen war, sondern oft genug auch Politik und Eigennutz. Und offensichtlich sieht ihm jemand dabei zu.

Ich bin überall,
In einem Augenblick verschwinde ich,
Dann bin ich wieder da, um dich zu jagen.
Ich werde dir sagen, wann du unter die Erde gehst,
Ich bin derjenige, der dich beobachtet.
Deswegen solltest du mich fürchten.

Dem Staatsanwalt schnürt sich die Kehle zu, und er sieht nur noch eine Chance - weiter vor zu preschen, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, noch weiter gehen, wenn es sein muss, so weit wie noch niemand gegangen war, um die Gesetzmäßigkeiten des Universums außer Kraft zu setzen. Gewinnen, um alles in der Welt gewinnen. Wenn der Teufel es nicht schafft, ihm hier beizustehen, wird Gottes Rache fürchterlich sein. Er versteht, dass hier nicht nur Jacksons Leben, auf dem Spiel steht, sondern vor allem sein eigenes.

Ich bin kein Dämon der Hölle, doch ich habe dich in meinem Bann. lautet eine weitere Zeile dieses verfluchten Textes. Ein winziges Zucken von Michael Jacksons Oberlippe mutet dem Zähnefletschen eines Wolfes an, und als der Sänger dann lächelt, wollen Sneddons Beine einfach auf und davon laufen. Denn es ist kein freundliches Lächeln sondern ein mitleidiges.

...Wessen du gerade Zeuge geworden bist, könnte das Ende eines besonders erschreckenden Albtraumes sein. Das ist es nicht. Es ist der Anfang.

Sneddon wendet seinen Blick ab.

"Hat die Anklage Einwände?"
"Bitte?" Der Staatsanwalt starrt den Richter an. Er hatte kein Wort von dem verstanden, was Melville gerade gesagt hatte. Ganz offensichtlich hatte er bisher einiges nicht verstanden. Doch nun ist es zu spät.

Im Laufe der Zeit spürt Michael, wie sich die Gefühle in ihm langsam auflösen, abgewechselt von einer unangenehmen Form der Übelkeit, und er hofft, dass die Sitzung enden würde, bevor er wie beim letzten Mal um eine Unterbrechung bitte müsste, um die Toilette aufzusuchen. Das nicht wieder zu tun, hatte ihm Mesereau auch ans Herz gelegt, doch als Michael ihm den Grund für seine Unpässlichkeit nannte, sah der Anwalt das natürlich auch nochmals anders.
Diesmal aber hat Michael Glück, die Sitzung endet, und er zieht einen ganzen Schwanz Leute hinter sich her, als er den Saal verlässt - und einen mindestens genauso langen Schwanz Gedanken.

Als er dann auch dem Gerichtsgebäude geht, seine Familie ganz eng an seiner Seite, hat er das Gefühl, gleich den Auftritt seines Lebens ablegen zu müssen. Vor allem deswegen, weil es da wieder ist, dieses fürchterliche Gefühl, wenn sich die Mundwinkel selbständig machen und der Kampf gegen die Tränen kaum zu gewinnen ist. Die Gedanken an das, was sie nun „Verschwörung zur Kindesentführung bla bla“ nennen, bemühen sich nämlich stetig sehr darum, die Oberhand über sein Bewusstsein zu gewinnen. Doch Michael als geübter Soldat ganz vorne an der Front schafft es und gewinnt diese Schlacht. Artig bedankt er sich bei den Einwohnern von Santa Maria, seiner Gemeinde und erklärt ihnen seine Liebe. Michael spricht die Worte einfach aus, ohne in diesem Moment darüber nachzudenken, dass er sich bei jenen Leuten bedankt, die ihn möglicherweise in naher Zukunft ins Unglück führen könnten.
Am Auto angekommen, überfällt Michael wieder sein gewohnter Zynismus, indem er die Befürchtungen aller wieder aufkeimen lässt. Er nimmt Anlauf und deutet einen Sprung aufs Autodach an. Doch dann verschwindet er schnell im Wagen, seine Familie mit ihm. Wieder sind viele Fans um sie herum, und Michael für einen Moment in Hochstimmung.
Auch die Anwesenheit seiner Eltern, vor allem seiner Mutter, lassen in diesem Moment keinerlei Schwäche seinerseits zu. Seiner Mutter geht es denkbar schlecht mit der aktuellen Situation. Ihr Blutdruck ist noch drastisch gestiegen, und Michael will sie auf keinen Fall irgendwelchem zusätzlichen Stress aussetzen.
Natürlich merkt Katherine Jackson ihrem Sohn seine Anspannung aber an. Es ist ja irgendwie auch nicht zu übersehen. Michaels Mimik scheint alle möglichen Kapriolen zu schlagen, er lacht, und wenn das Lachen fällt, sieht er aus, als würde er im nächsten Augenblick losheulen oder -schreien. Dann grinst er schon wieder und so weiter.
Dieses seltsame Minenspiel deutet sich auch auf einem bestimmten Bild wieder, das nur ein paar Minuten später aufgenommen wird, als Michaels Impulsivität sich doch wieder durchsetzt und er den Fahrer anweist, an einem in der Nähe gelegenen Kindergarten anzuhalten.

Michael steigt kurz aus, nähert sich den Kindern, die am Zaun das Schauspiel verfolgen nicht wirklich. Aber es ist eine Botschaft, eine, die besagt „und ihr werdet mich NIE bekommen“!
Die vielen Autos von Fans werden dann an einer Pizzeria abgekoppelt, wo Michaels Anhänger auf seine Kosten nach Belieben essen und trinken können. Er schafft es dann auch, die restlichen noch folgenden Wagen abzuhängen.
Michael isst noch gemeinsam mit seiner Familie, dann lässt er sich und Christine in ein Hotel bringen, wo sie ein paar Tage residieren, bis sich das Chaos vor Neverland wieder gelegt hat. Denn dort patrouillieren gerade sowohl jede Menge Fans wie auch Polizei, als fände dort ein Staatsbesuch statt.

Als alle fort sind, fällt Michael wie ein Sack in sich zusammen.
Nur kommt jetzt die nächste Hürde auf ihn zu, er muss Mesereau die ganze Geschichte erklären. Das Bedürfnis hat Michael zumindest. Der Anwalt ist auch schon im Haus, er seinerseits will Michael nämlich erklären, was die Verschwörungsklage eigentlich bedeutet. Denn Mesereau hatte ja Geragos' Unterlagen gelesen, wenigstens die meisten, und somit kennt er den groben Ablauf der Geschichte auch. Und über die Einzelheiten wollte er sich mit Michael an sich zu einem späteren, ruhigeren Zeitpunkt unterhalten.
Nur dreht sich Michaels Kopf immer darum, alles erklären zu müssen. Und als er sich dann natürlich nochmals aufrafft, das Jackett aber in der Ecke liegen lässt, in die er es gefeuert hatte, und sich im Konferenzraum einfindet, hasst er seinen eigenen Schweißgeruch. Er weiß auch gar nicht, wo der herkommt, wo er doch am Morgen so viel Deo und Parfum an sich hingesprüht hatte, dass er davon ausgegangen war, der Duftwasserindustrie für die nächsten zwei Jahre ein Wachstum von 10% beschert zu haben. Aber es ist nun einmal, wie es ist, und an sich ist es ihm egal. Mesereau und den vier anderen Anwesenden ist es entweder auch egal oder sie überspielen ihr Unbehagen gut.
Die Verteidigung hatte durchaus mit einem oder mehreren neuen Anklagepunkten gerechnet, doch eher dass es dieser Jung mit der „Sadismus-Geschichte“ sein würde. Das wäre nicht so schlimm gewesen, denn schon in den paar Tagen, in denen Mesereau nun den Fall übernommen hat, hatte er herausgefunden, dass dieser Daniel niemals Kontakt zu Michael hatte. So gesehen wäre das doch kein so ein Drama gewesen, denn es hätte die Anklage ins Lächerliche gezogen.
Anders die Verschwörungs-Klage, wie der Anwalt nun zu erklären beginnt. Michael bemüht sich so, ihm zuzuhören, doch da ist immer dieser „ich muss es erklären! Ich kann es doch erklären!“-Gedanke, der seinen Geist wie eine zähe Nebelschwade durchsetzt, ihm aber gleichzeitig Atem und Stimme raubt. Es ist Michael unmöglich, Mesereau zu unterbrechen, und als der endlich seine Erklärung abgeschlossen hat, rinnt Michael der Schweiß sogar über den Hals und in die Augen. So muss sich ein Lamm führen, dass zum Opferaltar geführt wird. Was er mitbekommen hatte, hatte Mesereau ihm vorsichtig erklärt, dass hier verschiedene seiner Rechte noch zusätzlich beschnitten werden können, denn zum einen kann hier das vertrauliche Verhältnis zwischen Klient und Anwalt aufgehoben werden, zum anderen können sogenannte „Hören-Sagen-Beweise“ verwendet werden. Das bedeutet, man muss die Tat, die ja noch gar keine war, nicht beweisen, sondern es reicht, wenn irgendwer irgendetwas davon gehört hat. Und in diesem korrupten Laden - so naiv ist Michael ja nach all seiner Erfahrung auch nicht - würde sich doch bestimmt jemand finden lassen, der sich bereiterklärt unter entsprechenden Konditionen auch etwas gehört zu haben... "Außerdem,", so fährt Mesereau noch fort, während Michael schon merkt, wie sich ihm die Kehle immer enger zuschnürt, "Wird es wohl so sein, dass sie Ihren angeblichen Mitverschwörern Immunität versprechen, wenn sie gegen Sie aussagen. Auch wenn sie sich damit selbst belasten sollten. Und sie werden wohl gerade die Kronzeugen der Verteidigung zu Mitverschwörern machen, um sie zu diskreditieren."
Mesereau scheint nicht zu bemerken, dass sein Mandant immer blasser im Gesicht wird.
"Ich nehme an, dass zumindest Frank Tyson und Vincent Amen zu den fünf Namen gehören, die sie noch unter Verschluss halten. Überhaupt ist es ein Unding, dass die Verteidigung weder alle Fakten noch wenigstens die Namen dieser angeblich Mitverschwörer hat! Ich weiß ja nicht, aber Melville trifft Entscheidungen, mit denen ich nicht klar komme."
Mesereau wendet sich nun kurz seinen Mitarbeitern zu, von denen sich einer, nämlich Steve Cochran, allerdings plötzlich doch sehr auf Michael fixiert hat.
"Michael, geht es dir nicht gut?" Steve legt dem Sänger einen Hand auf die bebende Schulter.
Michael ist fahl geworden wie ein Leichentuch. Kalter Schweiß rinnt in Strömen über sein Gesicht, und er hört die letzten Worte des Anwaltes auch nur noch von ferne:
"Das ist mit Sicherheit der schwerste Anklagepunkt. Es scheint, als könnten sie die anderen nicht wirklich untermauern und suchen sich jetzt einen Punkt, in dem sie dich mit viel größerer Wahrscheinlichkeit überführen können - dazu müssen die Geschworenen nur das, was geschehen ist, falsch verstehen. Michael?"
Und da sind es Brian Oxman und Steve Cochran, die fast gleichzeitig nach Michaels Schultern greifen, als der in sich zusammensackt.
Behutsam legen sie ihn auf den Fußboden und seine Beine nach oben, und schon nach einigen Minuten hat der vermeintliche Kindesbelästiger wieder ein wenig Farbe im Gesicht. Das war's aber wohl für heute. Die Sitzung wird erst einmal geschlossen. Es scheint, als würden die Demütigungen im Fall Michael Jackson nicht enden wollen. Oder sie haben noch gar nicht recht begonnen?
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